JBL Tour Pro 3: In-Ear-Kopfhörer mit smarter Ladebox und ANC im Test
Wenn es um Kopfhörer geht, ist die Meinung hinsichtlich der Ausführung gespalten: Während die einen auf die praktischen Möglichkeiten von kleinen Plugs in den Ohren schwören, wollen die anderen das Mehr an Technik in den großen Over-Ear-Kopfhörern nicht missen, welches einen deutlich umfangreicheren Klang ermöglicht. Doch Fakt ist: In-Ear-Kopfhörer holen hinsichtlich ihrer Leistung zunehmend auf, wie der JBL Tour Pro 3 als aktuelle Speerspitze in diesem Segment eindrucksvoll beweist.
Im Kern folgt jener der heutzutage allgemein gültigen Produktdesgin-Blaupause und kommt in Form zweier Plugs in einem Ladecase daher. In den True Wireless ANC Ohrhörern hat JBL allerdings derart viele technische Schmankerl untergebracht, dass wir nur hoffen können, in dem nun folgenden Test nichts zu vergessen. Hinzu kommt eine für ein Produkt dieser Größe erstaunlich umfassende Funktionsvielfalt, welche vor allem einem Clou geschuldet ist: Das smarte Case kann weit mehr, als nur die Plugs laden.
Dieses ist nämlich mit einem 1,5 Zoll Touchscreen versehen, über welches ihr Zugang zu so ziemlich allen Funktionen habt, für die sonst eine App nötig wäre. Natürlich steht mit „JBL Headphones“ eine solche für den Tour Pro 3 bereit, allerdings kann man dank des Smart Charging Cases das Smartphone einfach stecken lassen.
Aber eines nach dem anderen
Für 299,99 Euro erhaltet ihr den JBL Tour Pro 3 wahlweise in den Farbvarianten Latte oder Schwarz. Zum Lieferumfang gehören neben dem Smart Charging Case und den beiden Ohrhörern noch ein USB-Kabel Typ C zu Typ C, ein USB Typ-C zu analogem 3,5-mm-Kabel sowie ein USB-C-Ladekabel mit USB-A-Ausgang. Zu dem üblichen Papierkram gesellen sich ferner noch vier weitere Größenpaare an Silkonaufsätzen zum Wechseln – Größe M sitzt als Standard bereits auf den Plugs – und ein weiteres Paar aus Schaumstoff, welches eine noch bessere passive Isolierung im Sinne der Geräuschdämpfung ermöglicht.
Hände, durch die schon einige Kopf- und Ohrhörer gegangen sind, merken beim Auspacken direkt, dass man es bei dem JBL Tour Pro 3 mit einem äußert wertigen Produkt zu tun hat. Saubere Verarbeitung nimmt man einfach auf den ersten Blick wahr, sucht das Auge doch stets nach Fehlern und Macken. In diesem Falle kommt außerdem noch der Touchscreen hinzu, welcher dem mit eleganten Chromakzenten versehenen Ladecase direkt einen sehr noblen und modernen Charme verleiht.
Die Ohrhörer selbst sind mit 5,6 Gramm relativ leicht, was uns mit dem Wissen um die verbaute Technik im Inneren rückblickend dann doch etwas wundert. Im oberen Bereich der ebenfalls mit Chrom verzierten Stege befinden sich die Touchfelder zur Bedienung. Welche Aktionen wir durch ein- oder mehrmaliges Tippen und gedrückt halten ausführen, lässt sich in der App einstellen.
Schade ist, dass hier lediglich festgelegte Sets für die Umgebungsgeräuschkontrolle, Lautstärke und Wiedergabesteuerung zur Verfügung stehen, und man die Gesten nicht nach individuellen Präferenzen mischen kann – etwa einmal tippen links für lauter, und einmal tippen rechts für leiser. Das ist insbesondere beim Sport ärgerlich, wenn man weder Ladecase noch Smartphone zur Hand hat. Die Anrufkontrollen zum Annehmen, Auflegen und Stummschalten bleiben übrigens in jedem Set stets gleich.
Begrüßenswert finden wir wiederum, dass die App ein Testprogramm beinhaltet, um die perfekte Passform der Ohrhörer hinsichtlich der Abdichtung zu finden. Falls man sich bei den Aufsatzgrößen also nicht ganz sicher ist, was besser passt, erhält man hier Klarheit.
In dieser Preisklasse leider noch immer nicht Standard, erkennen die Ohrhörer außerdem, ob sie gerade getragen werden oder nicht. Der Vorteil dabei ist, dass die laufenden akustischen Inhalte stoppen, sobald die Plugs herausgenommen werden, beispielsweise wenn man von außen angesprochen wird.
Sehr cool an den Tour Pro 3 ist allerdings, dass man das gar nicht muss: Als ANC-Ohrhörer verfügen sie zusätzlich zu den innenliegenden Mikros nämlich über jeweils zwei weitere außen verbaute Mikrofone, die uns im Ambient Aware Modus die Geräusche aus unserem Umfeld je nach eingestellter Lautstärke wahrnehmen lassen. Für ein kurzen Plausch wechseln wir alternativ in den TalkThrough-Modus, welcher sowohl unsere als auch die Stimme unserer Gesprächspartner gezielt überträgt, was ein wenig so klingt, als würde man Voice-Chatten.
Enorm praktisch ist ferner das sogenannte Smart Talk Feature, welches die Musik auf unseren Ohren automatisch leiser macht, sobald wir zu sprechen beginnen, und für die Dauer des Gespräches in den TalkThrough-Modus wechselt. Schweigen wir daraufhin eine festgelegte Dauer (5, 15 oder 20 Sekunden), läuft die Musik in der vorherigen Lautstärke weiter.
Ein Case für alle Fälle
Das erste, dem sich die meisten beim JBL Tour Pro 3 sicherlich widmen werden, ist das Tochscreen der Ladebox. Dieser aktiviert sich beim Öffnen des Cases oder wenn wir den unten neben der USB-C-Buchse positionierten Knopf betätigen. Entsperrt man den Bildschirm daraufhin mit einer Wischbewegung, hat man Zugriff auf einen dicken Katalog, der werkseitig alle Funktionen umfasst, die auf das Ladcase ausgelagert werden können. In der App lassen sich einzelne Seiten für eine bessere Übersicht jedoch auch ausblenden.
Neben naheliegenden Features, wie die Kontrolle der Musikwidergabe und die Lautstärkeregelung, lässt sich hier auch zwischen ANC-, Transparenz- und TalkThrough-Modus wechseln, der Raumsound einstellen oder ein Equalizer nutzen – wenn bei Letzterem auch nur durch vorgegebene Presets geschaltet werden kann.
Ferner haben wir Zugriff auf einen piependen Timer, wechseln das Hintergrundbild oder können den Bildschirm sogar als eine (schwache) Taschenlampe nutzen. Darüber hinaus werden Uhrzeit und die Ladestände der beiden Plugs sowie des Cases angezeigt, auf Wunsch auch auf dem Smartphone eingehende Nachrichten.
Zwangsläufig sind die Anzeigen im Gegensatz zum Smartphone recht klein geraten, was Menschen mit Weitsicht die Bedienung etwas erschwert. Das Design der einzelnen Reiter ist jedoch im besten Sinnen zweckmäßig und nicht unnötig kleinteilig geraten. Nur hier und da hatten wir Probleme, einzelne Tasten zu aktivieren.
Für detaillierte Einstellungen, wie etwa einer personalisierten Soundkurve im Equalizer, oder das Hochladen eines Fotos als Hintergrundbild für den Touchscreen, bedarf es dann zwar doch der App, den praktischen Nutzen der Box wollten wir im Alltag jedoch schon bald nicht mehr missen.
Der Akku im Case ist nach rund zwei Stunden voll geladen, im Notfall lässt sich aber auch binnen zehn Minuten Saft für drei Stunden Laufzeit tanken. Bei vollem Ladestand der Ohrhörer stehen ohne ANC elf Stunden Laufzeit auf der Uhr. Mit ANC reduziert sich die Zeit zwar auf nur noch sieben Stunden, dank des Cases kommt man unter optimalen Bedingungen dafür dann aber auch rund 40 Stunden ohne externe Stromquelle aus.
Kleine Kraftprotze
Während das Smart Charging Case auf den ersten Blick schon Eindruck macht, wollen die Ohrhörer dem mit ihren inneren Werten in Nichts nachstehen. Jeweils zwei Treiber sorgen für klare Höhen und saubere, kraftvolle Bässe.
Nun sind Hörvermögen und –präferenzen fraglos stets sehr individuell. Aber um es an dieser Stelle einfach mal sehr unfachmännisch zu formulieren, gehört der Klang des JBL Tour Pro 3 zum Besten, was wir bislang im Bereich der In-Ear-Kopfhörer testen durften.
Die Soundkulisse ist in ihrer Grundeinstellung schon so dicht und lebendig, dass die kleinen Stöpsel in unseren Ohren den großen Over-Ear-Brüdern glatt schon gefährlich werden könnten. Weiterhin lässt sich das Erlebnis über den Equalizer an den eigenen Geschmack oder das jeweilige Genre anpassen. Der Personi-fi 3.0 Test erstellt auf Wunsch zudem eine auf unser Hörvermögen abgestimmte Klangkurve für jedes einzelne Ohr, der 24-Bit High Resolution Audio-Codec LDAC lässt sich für eine noch bessere Audioqualität ebenfalls hinzuschalten.
Im letzteren Falle müsste man dann allerdings auf einige Features verzichten, allen voran den wuchtigen Raumklang. Einmal aktiviert, werdet ihr den JBL Spatial 360 Sound nicht mehr ausschalten wollen, hievt dieser schlichte Stereo-Inhalte doch erstaunlich effektiv in eine dritte Dimension. Man wähnt sich förmlich von der Musik umspült, so dass diese an Volumen und Weite gewinnt. Noch beeindruckender ist das Headtracking, welches man etwa auch vom Sonos Ace kennt.
Dieses nagelt die Akustik an einen Punkt im Raum fest, so dass sich der Sound um uns herum dreht, wenn wir unseren Kopf bewegen –ganz so also, als stünde man vor einer Bühne. Halten wir einige Sekunden still, wechselt die wahrgenommene Position der Klangquelle automatisch in unsere aktuelle Blickrichtung.
Sinnigerweise lässt sich das Klangbild im Reiter für den Raumsound sowohl in der App als auch auf dem Case direkt auf das Medium Film, Musik oder Gaming anpassen. Dies ist insofern ein kluger Shortcut, da sich das Headtracking unserer Erfahrung nach für den reinen Musikgenuss weit weniger eignet als für die anderen genannten Medieninhalte.
An dieser Stelle in kleines Kuriosum aus der Übersetzungs-Hölle: In der App wird der Menüpunkt für den umfassenden Raumklang im Deutschen mit „Behoben“ betitelt. Das ergibt natürlich keinerlei Sinn. Denn hier wurde das englische „Fixed“ – was in dem Falle dafür steht, dass der Sound nicht auf unsere Kopfbewegungen reagiert – sinngemäß schlicht falsch übersetzt. Nicht der einzige Punkt übrigens, bei dem Transkriptionsabteilung offenbar etwas geschlampt hat.
Starkes ANC
Mittlerweile bei Kopfhörern fast schon zum Standard geworden ist das Active Noise Cancelling, also die aktive Geräuschunterdrückung. ANC ist allerdings eher ein Allgemeinbegriff für Systeme die mal mehr, mal weniger gut funktionieren. In Sachen In-Ear-Kopfhörer ist das Feature bislang stets hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben, die JBL Tour Pro 3 haben uns dann aber doch äußerst versöhnlich gestimmt.
Beispiel Fitnessstudio: Gespräche anderer Sportler und die dort allgegenwärtige Hintergrundmusik werden nahezu vollkommen ausgeblendet. Lediglich das Rattern der schweren LKWs dringt durch die offenen Fenster und die Plugs an unser Ohr, so dass wir uns fühlen wie in einer Art akustischer Wolke – herrlich.
Müssen wir dann doch mal widerwillig in den Ambient Aware-Modus wechseln, erscheint uns dieser eine Spur zu übersteuert und unnatürlich. Der Effekt wird umso stärker, je lauter wir die Umgebungsgeräusche einstellen, so dass wir letztlich bei einer sehr niedrigen Einstellung verblieben sind.
Hinsichtlich der Sprachqualität bei Anrufen zeigen sich dann doch wieder die baubedingten Schwächen von In-Ear-Kopfhörern. Zwar stehen diverse Optionen zur Klangoptimierung der eigenen und auch der Stimme der Person am anderen Ende der Leitung zur Verfügung, im Vergleich zu einem Gespräch via Smartphone oder Headset werden wir jedoch vergleichsweise dumpf übertragen.
Dafür stehen mit VoiceAware und dem privaten Anrufmodus wiederum zwei sehr nützliche Funktionen zur Verfügung, die beide helfen, unangenehm lautes Telefonieren in der Öffentlichkeit zu vermeiden. Über VoiceAware stellen wir etwa in drei Stufen ein, wie sehr wir unsere eigene Stimme beim Telefonieren hören, damit wir uns mit den Stöpseln in den Ohren nicht selbst „überschreien“.
Beim Privaten Anrufmodus lässt sich indes einer der Ohrstöpsel zum Mikrofon umfunktionieren, welches man direkt an den Mund führen kann, um leise Gespräche zu führen – ein sehr, sehr kluges Feature, das auch während eines Telefonats „on the fly“ funktioniert.
Es wird sogar noch besser
Eines unserer Lieblingsfeatures haben wir uns aber für den Schluss aufgespart: Das Smart Charging Case kann als Dongle via USB oder Klinke an externe Quellen angeschlossen werden, die mit Bluetooth nicht zu erreichen sind. Passende Kabel liegen dem Lieferumfang bei.
Man denke hier etwa an Entertainmentsysteme im Flugzeug, für die man dank des Tour Pro 3 keine Kabelkopfhörer mehr benutzen muss. Wir haben es in Ermangelung eines Flugzeuges probehalber einfach mal an einer Nintendo Switch und unserer altmodischen Musikanlage ausprobiert und es klappt prima. Damit erweitert JBL den Umfang der Einsatzmöglichkeiten der kabellosen In-Ears immens, so dass wir an jeder Quelle von den vielen Qualitäten der referenzwürdigen Ohrhörer profitieren.
Eine rasche Suche zeigt, dass wir bis zu diesem Punkt im Test das Wort „Feature“ bereits siebenmal verwendet haben, den Begriff „Funktion“ gar achtmal. Und dennoch sind wir noch nicht auf alles zu sprechen gekommen, was der JBL Tour Pro 3 zu bieten hat. Da wäre etwa noch Auracast zu erwähnen, welches uns Inhalte mit anderen kompatiblen Geräten in der Nähe teilen oder empfangen lässt, die Multipoint-Verbindung zum raschen Wechsel zwischen zwei verbundenen Quellen oder das Silent Now-Feature (acht), welches für eine festgelegte Zeit zugunsten einer ruhigen Schlafumgebung Bluetooth kappt und Noise Cancelling aktiviert.
Und haben wir schon den Relax-Modus erwähnt, der einen Mix aus wahlweise bis zu fünf entspannenden Natursounds einspielt, die Finde-meine-Ohrhörer-Funktion (neun) oder den Schallpegeloptimierer? Nun gut, es muss ja auch noch etwas zu entdecken geben. Bliebe für uns nur noch das …
Fazit:
Mit den Tour Pro 3 hat JBL nicht weniger als die neue Referenz in Sachen In-Ear-Kopfhörer auf den Markt gebracht. Nicht nur, dass die Ohrhörer schon in ihrer werkseitigen Grundeinstellung einen erstaunlich dichten Klangteppich weben, der mit sauberen Höhen und kräftigen Bässen genreübergreifend vollends überzeugt, überführt der effektive Raumklang auch noch selbst blasse Stereoquellen in eine imposante dritte Dimension – auch Wunsch sogar mit Headtracking.
Auch die bei In-Ears üblicherweise eher schwache Umgebungsgeräuschkontrolle zeigt sich hier von seiner besten Seite. Sei es in Sachen Active Noise Cancelling oder im Transparenzmodus über die in den Ohrstöpseln verbauten Mikrofone– die kleinen Tour Pro 3 Ohrstöpsel spielen so manchen Over-Ear locker an die Wand.
Als wäre das an sich nicht schon Kaufanreiz genug, kommt der Tour Pro 3 auch noch mit einem smarten Ladecase daher, dessen innovativer Touchscreen Zugang zu so ziemlich allen relevanten Funktionen erlaubt, ohne dass man dazu die App am Smartphone bemühen müsste. Außerdem lässt es sich als Dongle an Geräte anschließen, bei denen keine Bluetooth-Verbindung möglich ist, so dass wir die klangstarken, kabellosen Ohrhörer an nahezu jeder Quelle nutzen können.
Dazu serviert JBL eine derart umfangreiche Funktionsvielfalt, dass der JBL Tour Pro 3 faktisch keine Wünsche offen lässt. Wenn ihr etwa Bestimmtes bei einem Kopfhörer sucht, dann findet ihr es hier. Vor diesem Hintergrund erscheint der Preis mehr als nur fair. Ganz klare Kaufempfehlung!
Die JBL Tour Pro 3 erhaltet ihr für 299,99 Euro auf der Webseite des Herstellers oder auch hier auf Amazon.