Mario & Luigi: Brothership im Test für Nintendo Switch
Mit Mario & Luigi Brothership belebt Nintendo eine fast schon vergessen geglaubte Reihe innerhalb des Mario-Universums neu. Im Gegensatz zu Super Mario RPG und Paper Mario: Die Legende vom Äonentor handelt es sich diesmal allerdings nicht um ein Remake, sondern um einen waschechten neuen Serienteil – dem ersten nach neun Jahren wohlgemerkt. Ob es die Brüder nach all der Zeit immer noch drauf haben, verrät euch unser Test.
Denkt man an das Nintendo-Maskottchen, verortet man dieses zunächst im Jump 'n' Run-Genre. Allerdings ist der Klempner ein Hans Dampf in allen Gasse und nebenbei auch noch ein Sport-Ass, ein schlagkräftiger Prügelknabe und eben auch ein Abenteurer. Letzterer Profession folgt er nun erneut in Mario & Luigi: Brothership. Doch während der Mützenträger in den artverwandten Paper-Mario-Spielen mit einer bunt zusammengewürfelten Party unterwegs ist, begleitet ihn hier sein meist viel zu wenig beachteter Bruder Luigi.
Brothership versteht sich als Action-Rollenspiel und möchte als solches eine komplexe Geschichte erzählen. Allerdings reden wir hier immer noch von einem Nintendo-Spiel, weshalb die Story stets in seichten Gewässern fischt und kindertauglich bleibt. Die Prämisse ist von daher zunächst recht simpel: Mario und Luigi geraten unfreiwillig in einen Dimensionsstrudel, der das Brüderpaar in die ferne Welt Konektania verfrachtet.
Praktisch, denn dort werden Helden aktuell dringend benötigt. Nach einer Katastrophe ist die Landmasse, welche den Bewohnern als Heimat diente, nämlich zerbrochen. Die Splitter des Kontinents treiben nun als separierte Inseln durch einen riesigen Ozean. Unsere Aufgabe ist es folglich, das Land wieder zu vereinen.
Eine schwimmende Baum-Insel
Dazu stellt uns eine junge „Wattanikerin“ namens Connetta den Kapitarbora zur Verfügung, welchen ihr euch als eine Mischung aus Schiff und Insel vorstellen könnt. Als Segel dient ein energieerzeugender Baum, den die Wattanikerin heranwachsen lassen möchte, um Konektania wieder mit Saft zu versorgen. Klingt alles etwas schräg – und ist es auch – aber Strom ist ein beherrschendes Design- und Wortwitzthema von Mario & Luigi: Brothership. Nicht umsonst erinnern die Bewohner von Konektania an amerikanische Steckdosen.
Mit dem Kapitarbora erkunden wir auf der Suche nach den sogenannten Driftinseln den Ozean. Ein freies Navigieren ist dabei jedoch leider nicht möglich, da wir wie auf Schienen stets auf festgelegten Strömungsbahnen vor uns hin schippern. Allerdings können wir unser Inselschiff anweisen, auf eine andere Strömungsschiene zu wechseln. Nach ein paar Spielstunden ist es glücklicherweise zudem möglich, das Tempo zu erhöhen, mit welchem der Kapitarbora stoisch in die stets gleiche Richtung fährt.
Da sich das Ganze auf das Festlegen eines Ziels und viel Warterei beschränkt, ist das Schifffahrt-Feature so wenig spannend, wie es sich anhört. Allerdings können wir uns während der Fahrzeit auf dem Kapitarbora frei bewegen und uns zu anderen Inseln teleportieren, um dort unerledigte Aufgaben oder Nebenquests zu absolvieren. Dazu müssen wir sie aber zunächst einmal entdecken, erforschen und an unser schwimmendes Hauptquartier anschließen.
In der Praxis läuft das Ganze folgendermaßen ab:
Sobald wir eine Nachricht erhalten, dass eine Driftinsel in Sicht ist, stellen wir uns an das Fernrohr, welches gleichzeitig auch als Kanone dient. Einmal in den Fokus genommen, können wir uns nun auf das jüngst entdeckte Eiland schießen lassen. Auf jeder Insel gilt es, einen Leuchtturm zu erreichen. Von dort aus können wir dann den Anschlussstecker in Richtung Kapitarbora abfeuern, um die Driftinsel ins Schlepptau zu nehmen und fortan als Schnellreiseziel anwählen zu können.
Auf den Inseln mit mal mehr, mal weniger originell eingedeutschten Namen wie Schankum, Flammaika oder Dschungeloog, erwarten uns nicht nur abwechslungsreiche Biome, sondern auch allerlei Aufgaben. Einige davon sind als optionale und wenig komplexe Nebenquests angelegt, andere müssen erfüllt werden, um den Weg zum Leuchtturm frei zu machen.
Die überschaubaren Gebiete sind dabei als in sich geschlossene und frei zu erkundende 3D-Level gestaltet, in denen sich Gespräche mit Einwohnern, Umgebungsrätsel und Jump 'n' Run -Passagen die Klinke an die Hand geben. Und natürlich wird auch in Rundenmanier gekämpft, um fleißig Erfahrungspunkte zu sammeln und aufzuleveln.
Rundenkämpfe mit Action-Würze
Kommt es zum Kontakt mit den stets sichtbaren Feinden, wechselt das Spiel in eine Kampfarena. Wie in den Nintendo-Rollenspielen üblich, hüpfen wir dem Feind entweder auf den Kopf oder wir dreschen mit einem Hammer zu. Da Mario & Luigi: Brothership einen großen Fokus auf das Teamwork zwischen den beiden Klempnern legt, ist es mit einem einfachen Hüpfer oder Hammerschlag aber nicht getan.
Drücken wir mit gutem Timing das angezeigte Knöpfchen, unterstützt der jeweils andere Bruder den Angriff, um noch mehr Schaden zu machen. Später kommen außerdem noch spezielle Paar-Attacken hinzu, die bei korrekter Ausführung ganz besonders reinhauen, dafür aber auch an einer Leiste mit sogenannten Brüder-Punkten zehren. Andere Rollenspiele würden hier einfach von Mana sprechen.
Damit das überschaubare Kampfsystem nicht zu langweilig wird, dürfen wir auch in der Defensive aktiv werden. Gelingt es uns, den Angriff eines Gegners vorherzusehen, können wir diesem mit etwas Geschick Ausweichen oder gar kontern.
Dem Genre entsprechend verbessern wir unsere Werte mit im Kampf gesammelten Erfahrungspunkten. Nach einem Levelaufstieg werden Aspekte wie Angriff, Verteidigung oder auch Bart (!) automatisch gesteigert, wobei Luigi in Sachen Verteidigung besser abschneidet, Mario hingegen beim Angriff. Bei bestimmten Schwellwerten dürfen wir uns zudem jeweils einen weiteren Bonus aussuchen – etwa ein Plus auf Attacken, auf Verteidigung oder auch mehr Erfahrungspunkte pro Kampf.
Neben verschiedenen Ausrüstungsgegenständen, wie immer besseren Latzhosen, Hämmern oder Handschuhen, profitieren wir im Kampf zudem von sogenannten Effektsteckern, die wir jederzeit wechseln können. Diese fügen besonders gelungenen Attacken beispielsweise automatisch Explosionen hinzu oder stärken unsere Konterfähigkeit. Bestimmte Kombinationen erlauben darüber hinaus besonders effektive Wechselwirkungen. Allerdings ist der Nutzen der Effektstecker begrenzt und muss immer wieder neu aufgeladen werden.
Mit Blick auf die stets neuen Gegner und deren Taktiken, die uns auf jeder Insel erwarten, ist zwar stete Aufmerksamkeit gefragt. Das ändert jedoch nichts daran, dass die im Kern stets gleichen Eingaben und das beschränke Angriffsrepertoire der Brüder auf Dauer zu Ermüdungserscheinungen führt.
Der klügere Bruder
Gilt es dann aber, sich einen Boss zu stellen, wird es wieder spannend. Nicht nur fallen diese deutlich origineller aus als das stete Kanonenfutter, jeder einzelne davon offenbart einen Kniff, den wir Luigis Kreativität zu verdanken haben. Der grüne Bruder beweist in Mario & Luigi: Brothership nämlich immer wieder, dass er der klügere der beiden ist, und beschert uns an festgelegten Punkten mit seinen sogenannte Luigideen neue Lösungsstrategien.
Das können neue Paarmanöver sein, so dass wir in einem gemeinsamen Tangotanz plötzlich als wirbelndes Ufo größere Abgründe überwinden, aber eben auch bestimmte Attacken gegen Bosse. Diese beziehen das Levelinventar über ein kleines Minispiel in den Kampf mit ein und machen selbst den dicksten Brocken für eine kurze Zeit wehrlos. Sehr schade, dass dieses stets cool inszenierte Feature nur in den wenigen Endgegnerkämpfen möglich ist.
Während wir im Gefecht beiden Brüdern direkt Befehle erteilen, lenken wir während der Erkundungsphasen ausschließlich Mario. Luigi dackelt meist recht zuverlässig hinterher, bei einigen kniffligen Sprungpassagen kommt der Bursche jedoch nicht so recht nach. Nervig: Das Spiel entzieht uns dann kurzzeitig die Kontrolle und lässt Mario mitunter gar zurücklaufen, bis die beiden wieder vereint sind.
Dafür können wir Luigi ebenso wie seinen pummeligen Bruder jederzeit springen und den Hammer schwingen lassen. Auf Wunsch zupft der notorische Tollpatsch aber auch eigenständig Rüben aus der Erde, zerdeppert Kisten oder betätigt Schalter. In einigen Rätseln wird dieses Konzept zum zentralen Element erhoben, wenn Mario etwa auf einer Aussichtsplattform ein Labyrinth überblick, während Luigi einen Knopf betätigt, um Wände zu verschieben. Wenn nötig wird dabei sogar ein kleiner Extra-Screen für den anderen Bruder eingeblendet. Die Brüder-Aktionen stellen stets kleine Highlights im Spielablauf dar, und könnten als solche von daher gern konsequenter und häufiger genutzt werden.
Bla, bla, bla …
Auf der anderen Seite werden die Zwischensequenzen und Gespräche unter den Figuren viel zu oft und viel zu ausufernd ausgewalzt. Wir haben bereits nach kurzer Spielzeit entnervt mit den Augen gerollt, wenn nach wenigen Metern mal wieder eine minutenlange Erklärung darauf wartete von uns mühselig weggeklickt zu werden – und das immer, und immer, und immer wieder …
Das mal vollkommen banale, mal überbordend expositorische Gelaber ist wie Treibsand für den Spielablauf. Zudem sollten dürfte selbst jüngere Spieler auf die Lösung von Rätseln kommen, wenn unser fliegendes Begleiterschwein Wattz – das übrigens darauf besteht, kein Schwein zu sein – nicht fünf Mal wiederholt, was man machen soll.
Unsere schwelende Wut über diesen enorm nervigen Umstand wird jedoch stets von der ausnehmend schicken Spielgestaltung besänftigt. Mario & Luigi: Brothership sieht mit seiner Cell-Shading-Optik aus, wie ein hochwertiger Zeichentrickfilm, was der Franchise enorm gut zu Gesicht steht. Ganz besonders gelungen sind dabei die lebendigen und abwechslungsreichen Animationen des Brüderpaares, die uns fast schon besser gefallen haben als zuletzt in Super Mario Bros. Wonder.
Tatsächlich haben wir uns jedes Mal förmlich darauf gefreut, auf eine neue Insel geschossen zu werden, da Luigis Landung als Running-Gag dient. Bei einer derart sympathischen Gute-Laune-Optik verzeihen wir dann auch gerne die häufigen und recht langen Ladebildschirme.
Fazit:
Mario & Luigi: Brothership gefällt mit einer abwechslungsreichen Spielwelt, dem gelungenen rundenbasierten Kampfsystem und seinem lebendigen Comic-Look. Als kreativer Ideengeber bekommt Luigi außerdem endlich die Bühne geboten, die er verdient. Schade ist, dass man ihn außerhalb der Kämpfe nur indirekt steuern kann. Und warum zum Koopa gibt es keinen Zweispielermodus?
Während sich die Story auf kindgerechte Weise redlich um Komplexität und Tiefe bemüht, bremsen unnötig ausufernde Zwischensequenzen in viel zu hoher Frequenz den Erkundungsdrang, den die originelle Spielwelt in uns weckt. Die vielen Inseln zu entdeckten und zu erforschen macht enorm viel Spaß. Umso mehr nervt es, wenn man alle paar Meter von banalen Dialogen gebremst oder von einer eskapistischen Exposition gegängelt wird, die dem Spieler selbst naheliegende Lösungen offenbar nicht zutraut.
Ohne dieses Manko hätte Mario & Luigi: Brothership eines der besten Rollenspiele im Mario-Universum werden können. So degradiert es sich jedoch selbst zu einem „nur noch“ unterhaltsamen und äußert kreativen Ausflug mit dem immer noch sympathischsten Brüderpaar der Videospielgeschichte.
„Mario & Luigi: Brothership“ ist exklusiv für Nintendo Switch erhältlich.