Mit Jetpack wird alles besser

Und dann wäre da natürlich noch das enorm praktische Jetpack, welches uns mit jeder weiteren Aufrüstungsstufe ein wenig mehr Freiheit bei der Erkundung von Adelpha gewährt. Beherrschen wir zunächst nur einen schnöden Sprung, düsen wir damit bald behände über die Strände, Steppen und Plateaus, gleiten wie mit einem Wingsuit durch die Lüfte oder nehmen die Feinde schwebend aufs Korn.

Doch so spaßig sich die Erforschung des Planeten damit auch spielt, gibt es dort bis auf die üblichen Open-World-Standardaufgaben kaum etwas zu entdecken. Hier gilt es eine hakelige Parkour-Einlage zu absolvieren, dort ein Zeitrennen und dann wieder will ein verdorbenes Viechernest zerstört werden. Diese Aufgaben belohnen zwar mit mehr Lebensenergie oder der Verbesserung unserer Fähigkeit, die Zeit in unserem Umfeld zu verlangsamen, gestalten sich jedoch arg repetitiv und verkommen alsbald zur langweiligen Fleißaufgabe für Komplettisten.

Lasst den Kram nötigenfalls einfach links liegen und konzentriert euch auf die weit spannenderen Hauptquests, denn so schwer, dass umfassendes Grinding wirklich nötig wäre, ist Outcast: A New Beginning ohnehin nicht. Das liegt vor allem an der dämlichen KI und den trotz aller Möglichkeiten recht simplen und eher altmodischen Schießereien, die taktische Finesse missen lassen. Anschleichen oder ein kluges Sondieren der feindlichen Anlagen im Vorfeld gibt es hier nicht.

Das Motto ist stets: Einfach drauflos stürmen, ein paar Knöpfe an den Terminals drücken und den Energiekern zerstören. Da hat die die Konkurrenz mit dem durchaus vergleichbaren Avatar: Frontiers of Pandora dann doch etwas mehr zu bieten.

Wir sind hier aber nicht auf Pandora

Allerdings hinkt der Vergleich schon insofern, als dass wir es bei Outcast: A New Beginning nicht mit einer Blockbuster-Produktion, sondern ganz klar mit einem vergleichsweise niedrig budgetierten AA-Titel zu tun haben. Und dafür wiederum kommt das Spiel mit seiner dichten und vielfältigen Vegetation nicht nur enorm abwechslungsreich, sondern auch noch verdammt schick daher.

Freilich sind Mimik und Animationen der Figuren nicht State of the Art zu nennen, das macht die mal farbenfroh-lebendige und dann wieder eisig-schroffe aber stets schön anzusehende Welt aber locker wieder wett.

Und wenn es um das Skript geht, hat Outcast 2 dem Ubisoft-Pandora sogar etwas voraus. Denn während die verschiedenen Navi-Stämme in ihrer esoterischen Distanziertheit kaum Persönlichkeit entwickeln, werden wir uns an so einige kauzige Charaktere von Adelpha und deren Geschichten garantiert noch lange erinnern.

Bugs und Bildrate

Auf der technischen Seite haben wir es mit einigen Bugs zu tun bekommen, die den Spielfluss jedoch nicht weiter gestört haben. Immer mal wieder sind Gegner im Boden versunken oder schwebten über diesem – nicht weiter wild. Anders sah es da zunächst jedoch in Sachen Bildrate aus, die selbst auf dem Performance-Modus immer wieder deutlich ins Schwanken kam. Auf der PS5 begleitete uns sogar das ausgestorben geglaubte Tearing.

Inzwischen wurde jedoch ordentlich gepatcht, weshalb zumindest letzteres Problem ausgemerzt scheint. Flüssige 60 Bilder pro Sekunde werden aber immer noch nicht erreicht, weshalb wir beim langsameren dafür aber auch ruhigeren Qualitätsmodus geblieben sind.

Im direkten Vergleich kommt das Bild in diesem auf der PS5 geringfügig schärfer daher, auch die etwas gedämpftere Farbpalette gefällt uns hier persönlich besser. Die besonderen DualSense-Features werden jedoch kaum genutzt, irritierend lange Ladezeiten gibt es auf beiden Konsolen immer wieder.

Eine gute Nachricht für Fans des Erstlings noch zum Schluss: Für den ikonischen Score zeichnet abermals Lennie Moore verantwortlich, der schon 1999 mit seinen hollywoodreifen Tracks das Medium Videospiel ein Stück weiter in Richtung Film rückte. 25 Jahre später sind orchestrale Soundtracks zwar fester Bestandteil der Gaming-Industrie, was die Qualität des abermals ohrwurmigen OST von Outcast: A New Beginning aber natürlich nicht schmälert.

Fazit:

Enorm atmosphärische und angenehm kompakte Fortsetzung eines Open-World-Vorreiters, die mal eben 25 Jahre auf sich hat warten lassen: Outcast: A New Beginning mag hinsichtlich seiner Inszenierung zwar nicht mit aktuellen AAA-Blockbustern mithalten können, präsentiert uns allerdings eine äußerst abwechslungsreiche, überraschend schön anzusehende und fremdartige Welt, deren sympathische und teils schrullige Bewohner uns noch lange in Erinnerung bleiben werden – ein Kunststück, das selbst einige Großproduktionen dieser Tage nicht beherrschen.

Zwar hakt es etwas in Sachen Technik und auch das Gameplay verlässt sich über weite Strecken zu sehr auf die üblichen Genre-Standards, das wird durch das äußerst unterhaltsame Skript und die interessante Hauptgeschichte jedoch wieder wett gemacht. Cutter Slade ist auch mit seiner neuen Stimme nie um einen Spruch verlegen und strahlt den erfrischenden Zynismus eines 80er-Jahre-Action-Helden aus, der im Kontrast zum urigen Pragmatismus der Bewohner Adelphas selbst vor dem Hintergrund einer brutalen Invasion für eine Menge Unterhaltung sorgt – und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Schade ist, dass die Schießereien gegen die blöde KI trotz der durchaus vorhandenen taktischen Möglichkeiten eher stumpf geraten sind und die ansehnliche offene Welt lediglich mit repetitiven Fleißaufgaben befüllt wurde. Ein spaßiges und vor allem kurzweiliges Vergnügen ist Cuttes zweiter Trip mit Blick auf die durchweg motivierende Hauptstory aber allemal.

Outcast: A New Beginning ist für PlayStation 5, Xbox Series und Microsoft Windows erhältlich.