Wir wollen gar keinen Hehl daraus machen, Riesenfans von Elden Ring zu sein. Nun sollte man von daher meinen, dass unser Test für den jüngst erschienenen DLC Shadow of the Erdtree von Befangenheit geprägt ist – und das stimmt vermutlich sogar. Denn wenn man ein Game so gut kennt, wie wir das vielfach preisgekrönte Action Rollenspiel aus dem Hause From Software, dann bewertet man neue Inhalte nämlich deutlich kritischer. Ihr wisst ja: Meist sind es die Fans, die am lautesten brüllen.

Ist unsere Liebe zu dem Rollenspielepos also Fluch oder Segen für diesen Artikel? Eigentlich egal, denn wir reden hier immer noch von einem Spiel von Mastermind Hidetaka Miyazaki. Und der – so viel sei vorweggenommen – hat es mal wieder geschafft, dass wir uns angesichts seiner Spieldesign-Kunst in vielerlei Hinsicht verdammt klein vorkommen.

Aber vor vorne: Shadow of the Erdtree führt uns in das düstere, von dem gigantischen Erdenbaum verschleierte Schattenland, in welchem wir uns auf die Suche nach dem Halbgott Miquella machen. Dort treffen wir schon recht früh auf eine Reihe weiterer Charaktere, die den Spuren des Sohnes von Königin Marika und Radagon von der Goldenen Ordnung allem Anschein nach treu ergeben folgen.

Alsbald entspinnt sich in bester From Software-Manier eine kryptische Story, die nur derjenige wirklich verstehen wird, der sich jeden Gesprächsfetzen und jede Item-Beschreibung sehr genau zu Gemüte führt.

Größer als erwartet

Nachdem es zuvor hieß, dass die neue Map in etwa die Größe des ersten Areals des Hauptspiels habe, müssen wir nach unserer Testsession konstatieren, dass es die Macher mit dieser Aussage womöglich bewusst untertrieben haben. Der neue DLC stemmt locker den Umfang eines From Software-Spieles der Prä-Elden Ring-Ära, was den Kaufpreis von rund 40 Euro auf jeden Fall rechtfertigt.

Dazu gibt es noch 70 neue Waffen, die dazu auch noch sieben neue Waffenkategorien einführen, zehn neue Schilde, 30 neue Rüstungssets, neue Zauber, Geisteraschen, Handwerksbücher und –Materialien … kurz: es gibt schlicht mehr von allem – viel mehr!

Fans des Originals frohlocken, führt Shadow of the Erdtree doch die Philosophie des Hauptspiels konsequent weiter und bleibt dem Spielprinzip im Wesentlichen treu. Dennoch bedient man sich eines klugen Kniffes, der nicht jedem gefällt – aber das war Miyazaki-San ja schon immer vollkommen Schnuppe.

Dieser wird sich gefragt haben, wie man eine Community herausfordern kann, die bereits seit über zwei Jahren Elden Ring zockt. Immerhin haben viele Spieler inzwischen derart astronomisch hohe Ränge, dass sie selbst die härtesten Bosse mit nur wenigen Schlägen zerlegen. Diese Helden in ein DLC zu führen, welches dennoch den typisch hohen Schwierigkeitsgrad aufweisen soll, welcher auch Miyazakis vorherigen Werke kennzeichnete, stellt also ein Problem dar.

Um dem zu begegnen, wird bereits vor dem Start die Spreu vom Weizen getrennt. Denn um den DLC überhaupt erst zu starten, müsst ihr im Hauptspiel zwei optionale Bosse getötet haben: General Radahn und Mohg, den Fürst des Blutes. Während Ersterer vergleichsweise leicht zu erledigen ist, verbirgt sich Mogh nicht nur in einem optionalen Gebiet, das erst gefunden werden will, er zählt auch zu den härtesten Gegnern im Spiel. Liegt der Blutfürst aber schließlich am Boden, haben wir Zugang zu einer Art Kokon, aus dem ein Arm ragt.

Ist der DLC installiert, werden wir nach dem Sieg über Mogh von einem neuen NPC begrüßt, auf dessen Geheiß wir den Arm berühren und in die Schattenlande teleportiert werden. Dort blicken wir alsbald auf ein hügeliges, weites Feld voller geisterhafter Grabsteine und empfinden plötzlich wieder diese staunende Aufregung, ganz wie damals, als wir das Hauptspiel zum ersten Mal begonnen haben – und das sollte nicht das einzige Déjà-vu bleiben, welches wir im Rahmen unserer Testsession erlebten.

Der vergessene Geschmack von Staub

Nun ist auch unser Charakter ein hochgeskillter Bosskiller, doch schon nach wenigen Metern lagen wir geschlagen am Boden – Déjà-vu Nummer zwei. Wie sich im Laufe der nächsten Stunden zeigen sollte, waren uns sämtliche Gegner mindestens ebenbürtig, die Größeren gar haushoch überlegen. Nach zwei, manchmal gar auch nur einem Schlag fanden wir uns am letzten Leuchtfeuer oder Marikas Pfahl wieder.

Ein rascher Blick ins Internet verrät, dass es anderen genauso erging. Viele beschrieben den Schwierigkeitsgrad als zu hoch, das Wort unfair fiel, der Unmut war groß und ist es wohl noch. Déjà-vu Nummero drei.

Auch wir müssen klar zum Ausdruck bringen, dass Shadow of the Erdtree noch gnadenloser ist als das Hauptspiel. Speziell die Bosse schlagen mit furiosen Combos um sich, machen durchweg Druck und zünden flächenfüllende Attacken, bei denen auch gerne mal die Übersicht flöten geht. Empfohlen wird zum Einstieg von daher mindestens ein Spielerlevel von 150, doch auch dieser garantiert keinen Sieg.

Shadow of the Erdtree nutzt augenscheinlich eine Skalierung, um die Gegner dem Level des Spielers anzupassen. Soll heißen, dass ein Charakter mit Level 150 prinzipiell das gleiche erlebt, wie einer mit Level 300. Das mag zunächst ungerecht erscheinen, wenn man genauer darüber nachdenkt, ist es aber ein logischer Kniff. Denn nur so lässt sich Shadow of the Erdtree auch nach zwei Jahren Elden Ring so erleben, wie einst das Hauptspiel.