Hatten wir uns nach mehreren Spieldurchläufen zuvor bereits daran gewöhnt, uns gemütlich überall durchzuschnetzeln, gehen wir im DLC nun wieder mit Respekt an die Feinde heran, kämpfen mit pochendem Herzen verzweifelt um unser Leben und empfinden vor allem wieder dieses unglaublich belohnende Gefühl des Sieges über einen vermeintlich unmöglich zu bezwingenden Feind. Genau das also, was das Souls-Genre überhaupt erst so groß gemacht hat. Man stelle sich den DLC nur mal ohne diese Mechanik vor … es wäre lediglich eine hübsche Kulisse.

Da stumpfes Grinden also nicht mehr zu Erfolg führt, findet die Progression in Shadow of the Erdtree nun über zwei neue Items statt. Überall in der Welt finden wir Scudabaum-Fragmente und Verehrte Geisterasche: Erstere stärken unsere Angriffs- und Verteidigungswerte, letztere unser Reittier Sturmwind und auch die Geisterkrieger, welche in den Kämpfen gegen die ehrfurchtsgebietenden Bosse nun absolut unverzichtbar sind. Zumindest, wenn man keine Kumpels online an der Hand hat. An der etwas verkopften Koop-Mechanik hat sich seit Elden Ring übrigens nichts geändert – schade.

Wollen wir unsere Chancen gegen die vielen neuen Feinde also verbessern, gilt es zuvorderst, die neue Map ausgiebig zu erkunden. Und das ist so faszinierend und spannend, dass wir es gar nicht abwarten können, diesen Test fertig getippt zu haben, um endlich weiterzuspielen und all die neuen Waffen und Spielweisen auszuprobieren, zu denen uns die Entwickler mit dem DLC ermutigen. So viel sei verraten: Einige Nischen-Klassen aus dem Hauptspiel bekommen nun eine größere Bühne.

Düstere Schönheit

War schon das Hauptspiel ein Kunstwerk, setzt Shadow of the Erdtree noch einen drauf: Wir durchstreifen wunderschön anzusehende blumenbewachsene Küsten, erklimmen an kämpfenden Drachen und zuckenden Blitzen vorbei ein zerklüftetes Bergmassiv und erkunden architektonisch verschwenderisch ausstaffierte Kathedralen. Dabei begegnen wir turmhohen Ofengiganten, müssen in Nebenquests folgenschwere Entscheidungen treffen, freuen uns über jeden versteckten Dungeon und halten ein ums andere Mal inne, um unfassbar gigantische Panoramen zu bestaunen.

In Sachen Abwechslung und Gestaltung kann die Map von Shadow of the Erdtree mindestens mit dem Hauptspiel mithalten, gefällt uns in Teilen gar besser, da sie quasi eine komprimierte Version der Elden-Ring-Formel darstellt, die Neues mit Altem mischt. Zudem kommt mehr Vertikalität ins Spiel, so dass das Spielgebiet größer ausfällt, als die Map andeutet. Eine dedizierte Unterweltkarte gibt es nun nicht mehr, aber das heißt nicht, dass es unter den sichtbaren Bereichen nicht noch einiges zu entdecken gibt.

Im Laufe des Spiels kam uns der Gedanke, dass die Map selbst eine Art riesigen Dungeon darstellt, da es gar nicht so einfach ist, die Wege in einige entlegene Gebiete zu entdecken. Natürlich gibt es aber auch wieder allerlei klassischer Dungeons zu erforschen, an deren Ende einer der neuen großen Bosse auf uns wartet.

Um den DLC zu beenden, müssen wir tatsächlich nur eine Handvoll davon besiegen – Déjà-vu vier –, so dass sich die Story prinzipiell in rund 15 Stunden beenden ließe – aber das wird in einem ersten Durchlauf ohne die nötigen Stärkungen durch die neuen Items wohl kaum möglich sein. Plant also besser um die 50 Stunden Spielzeit ein, wenn nicht sogar noch mehr, wenn ihr alle Geheimnisse aufspüren wollt – und derer gibt es verdammt viele. Freut euch auf den einen oder anderen Wow-Moment.

Technisch rangiert Shadow of the Erdtree auf der von uns getesteten Xbox Series X-Version auf dem Niveau des Hauptspieles. Es läuft also größtenteils flüssig, neigt aber hier und da zu einigen Einbrüchen in der Framerate, die sich mit zunehmender Spieldauer häufen.

Am besten zockt es sich unserer Meinung nach im Leistungsmodus bei abgeschaltetem Raytracing, immerhin zählt bei den knallharten und wilden Bosskämpfen jeder verdammte Frame. Musikalisch gibt sich Shadow of the Erdtree während der Erkundungsphasen angenehm zurückhaltend und sphärisch, nur um dramatische Momente dann mit voller orchestraler Macht stimmungsvoll zu untermalen.

Fazit:

Fantastisch! Mehr von allem was zuvor schon genial war – Genau das bietet Shadow of the Erdtree allen Fans des vielfach preisgekrönten Elden Ring. Das „Mehr“ bezieht sich aber nicht nur auf neue Waffen, Rüstungen, Zauber und Co., wir bekommen auch mehr Prügel.

Die Einstiegshürde ist bewusst hoch angesetzt, was abermals die Philosophie von Mastermind Hidetaka Miyazaki unterstreicht, keine Spiele für die Masse entwickeln zu wollen. Tatsächlich ist der Schwierigkeitsgrad auf den ersten Blick sogar noch höher als im Hauptspiel. Dies ist aber letztlich einem klugen Kniff geschuldet, der dafür sorgt, dass sich Shadow of the Erdtree auch für enorm hochgeskillte Charaktere genauso faszinierend und respekteinflößend anfühlt, wie einst der Einstieg in Elden Ring.

Ja, speziell die Bossfights sind fraglos verdammt brutal und ungewohnt schnell – aber sie sind machbar, wenn man begreift, dass man wieder so umsichtig spielen muss, wie beim ersten Mal und seinen Feinden unter Ausnutzung all seiner (neuen) Möglichkeiten entgegentritt. Je mehr man in die Schattenlande eintaucht, desto besser lernt man die dort herrschenden Regeln und desto faszinierender wird die überraschend umfangeiche Spielwelt mit all ihren Geheimnissen und Geschichten, die es zu entdecken gilt.

Zuweilen kam uns die neue Map wie eine absurd groß skalierte Version der erneut genial verschachtelten Dungeons vor, auf deren vielen verschlungenen Pfaden wir uns nur allzu gern verlaufen, um etwas Neues und Unerwartetes zu entdecken – und wenn es nur eines dieser gigantischen Panoramen ist, vor denen selbst ein „Herr der Ringe“-Film klein wirkt.

Shadow of the Erdtree ist als Erweiterung zu dem Hauptspiel Elden Ring für PlayStation 5, PlayStation 4, Xbox One, Xbox Series und PC erhältlich.