Trügerische Ruhe

Die Figuren offenbaren währenddessen viele interessante Facetten und sind durchweg gut und nachvollziehbar geschrieben. Der typische JRPG-Blödelfaktor ist sehr gering, viele der behandelten Themen geraten eher nachdenklich und erwachsen, was dem Spiel eine angenehm geerdete Grundstimmung verleiht. Demgegenüber steht in einem interessanten Kontrast eine magisch anmutende Welt, deren in Midgar noch so deutlich sichtbare Ausbeutung vor majestätischer Naturkulisse zu einer Art Hintergrundrauschen verkommt.

Sieht und hört man sich jedoch in den herrlich belebten Ortschaften etwas genauer um, hört man die Leute über die Zerstörung reden, welche die Mako-Reaktoren von Shinra anrichten, und entdeckt allerlei Plakate, die zum Wiederstand aufrufen. Final Fantasy VII Rebirth mutet zuweilen zwar an, wie ein ausgelassener Abenteuerurlaub voller Spaß und Spiel, es erinnert uns jedoch auch immer wieder daran, dass die Zeitbombe tickt.

Grafisch gibt sich das Spiel dabei keine Blöße und protzt mit detailliert ausgearbeiteten Charaktermodellen, einer herrlichen Weitsicht und prächtigen Lichtstimmungen. In Sachen Mimik hätten wir uns im Jahr 2024 zwar etwas mehr Ausdrucksstärke gewünscht, die wenigen Gesichtsausrücke der Protagonisten entsprechen aber ihrem Wesen, so dass diese kaum negativ auffallen.

Dies lässt sich von einigen matschigen und teils gar grobpixeligen Texturen allerdings nicht sagen. Zudem sieht Final Fantasy VII Rebirth nur im Qualitätsmodus wirklich gut aus. Der Leistungsmodus bietet zwar die deutlich angenehmeren 60 Bilder pro Sekunde, die Optik wirkt dann aber derart unscharf und verwaschen, dass wir stattdessen lieber 30 fps in Kauf genommen haben. Schade, denn vor allem die Kämpfe profitieren von der flüssigeren Bildrate enorm.

Ein Jahrhundert-Soundtrack

Nichts zu bemängeln gibt es hingegen in Sachen Musik. Der aufgefahrene Score ist mal episch, mal verspielt, mal aggressiv, mal sanft, aber stets von einer derart außergewöhnlicher Qualität, dass wir uns immer wieder mit wippenden Füßen beim Mitsummen ertappten. Die ohnehin schon genialen Themen, die Komponist Nobuo Uematsu einst für das Original schrieb, werden hier zu einem derart dichten und atmosphärischen Klangteppich neu verwoben, dass wir uns nicht scheuen, den Score als einen der besten der Videospielgeschichte zu adeln.

In Sachen Sprachausgabe liefern die deutschen Sprecher zwar abermals professionelle Arbeit ab, allerdings hat sich die Regie im Deutschen offenbar für eine spürbar sanftere Gangart entschieden. Schaltet man in die englische Tonspur fällt nämlich auf, dass insbesondere Barret eigentlich sehr viel zynischer, brutaler aber auch klüger ist, als es das deutsche Skript vermuten lässt. Auch wirken Aerith und Tifa deutlich erwachsener. Unser Tipp: Lasst es drauf ankommen und gebt den englischen Sprechern eine Chance.

Abschließend noch ein wenig Detail-Kritik: Es nervt jedes Mal aufs Neue, wenn uns das Spiel mal wieder eine ermüdend träge Gangart aufzwingt. So etwa, wenn wir Loren oder andere Gerätschaften quälenden langsam von A nach B schieben müssen, Cloud im Schneckentempo schleicht oder wir mit den Chocobos drei versteckte Gegenstände finden müssen.

Und wo wir gerade bei den Reitvögeln sind: Es sieht unfassbar dämlich aus, wenn Red XIII mit den Zügeln in den Pfoten auf diesen reitet – das hätte man doch sicherlich besser lösen können. Aber der arme Kerl kommt eh nicht allzu gut weg, da sein animalisches Brüllen nicht etwa von einem echten Raubtier stammt – was cool und auch naheliegend gewesen wäre–, sondern von den Sprechern lediglich imitiert wird, was insbesondere im Deutschen reichlich albern klingt.

Fazit:

Ein Meilenstein: Obwohl es das Spiel als Mittelteil einer Trilogie narrativ eher schwer hat, toppt Final Fantasy VII Rebirth den Vorgänger in nahezu allen Belangen. Endlich raus aus der großen Stadt präsentiert uns das Spiel in mehreren abwechslungsreichen Regionen die von herrlich lebendigen Siedlungen durchsetze naturbelassene Seite des Planeten und weckt mit der neugewonnenen Freiheit die pure Entdeckerlust.

Trotz der fragwürdigen Entscheidung, an die Ubisoft-Formel erinnernde Türme in der Welt zu platzieren, artet Final Fantasy VII Rebirth dabei glücklicherweise nicht zur Open-World-Beschäftigungstherapie aus. Zwar gestalten sich vor allem die wiederkehrenden Welt-Aufträge arg repetitiv, auf der anderen Seite stehen dafür aber straffe und aufregend inszenierte Hauptmissionen, eine überschaubare Zahl unterhaltsamer Nebenquests und eine ganze Reihe teils erstaunlich spaßiger Minispiele.

Das Kampfsystem mag etwas überladen daherkommen, in seiner Gesamtheit gelingt es dem Spiel aber deutlich besser als dem Vorgänger, die nachdenkliche und märchenhafte Grundstimmung des Originals einzufangen, und diese mit vielen neue Facetten, Gesichtern und Geschichten anzureichern, ohne dass dies – von den besagten Welt-Aufträgen einmal abgesehen – künstlich wirkt.

Nimmt man nun noch die wunderschöne Optik mit ihren herrlichen Naturpanoramen und den detailverliebten Charaktermodellen hinzu, die schlichtweg fantastische Musik und die emotional aufwühlende und angenehm erwachsene Geschichte, summieren sich die einzelnen Bestandteile zu einem modernen Meisterwerk, das sich vor dem Original nicht zu verstecken braucht – ein größeres Kompliment könnte man den Entwicklern wohl nicht machen.

Final Fantasy VII Rebirth ist ab dem 29. Februar 2024 exklusiv für die Playstation 5 erhältlich.