Es gibt da dieses Gaming-Shirt, auf dem zu lesen ist: „Zelda is the Girl“. Der Witz dahinter ist, dass die Spielereihe „The Legend of Zelda“ bereits seit 1986 den Namen einer weiblichen Figur im Titel trägt, obwohl wir stets einen wiederkehrenden, männlichen Protagonisten spielen. Von daher machen viele den Fehler, den Helden Zelda zu nennen, obwohl der grünbemützte Bursche doch eigentlich Link heißt. Die eigentliche Namensgeberin ist hingegen die Prinzessin des Königreichs Hyrule, und ihre Legende beschränkt sich eigentlich darauf, gerettet zu werden.

Im neuen The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom dreht Nintendo den Spieß allerdings um. Gamehistorisch Bewanderte mögen nun unken, dass es in düsteren CD-i-Zeiten schon einmal Spiele mit Zelda als Hauptfigur gab. Aber als Spieleenthusiasten lassen wir uns auf dieses Thema nicht ein, und behaupten einfach, dass es das erste „echte“ Zelda ist, in dem der Name auch tatsächlich Programm ist.

Denn diesmal darf „the Girl“ ran.

Ähnlich wie zuvor schon Berufskollegin Peach erhebt Nintendo damit eine weitere, ewig in Gefahr schwebende Aristokratin in den Stand einer Heldin. So ganz kann der Mario-Konzern dann aber doch nicht aus seiner Haut. Denn zu Beginn des Spiels pflügen wir wie eh und je mit Link, Schwert, Bomben und Bogen sehr klassisch durch ein Dungeon, als ob es das Umdenken in Sachen Geschlechterrollen nie gegeben hätte.

Kurz darauf sehen wir uns mit einem Boss konfrontiert, der Prinzessin Zelda in einen Kristall gesperrt hat. Natürlich entscheiden wir dieses Match für uns. Doch bevor wir die blaublütige Entführungs-Abonnentin erlösen können, tut sich ein mystisch anmutender Riss im Boden auf und verschlingt den serientypisch zunächst noch namenlosen Schwertkämpfer.

Vorher gelingt es Link – wir haben da natürlich einen kleinen Wissensvorsprung gegenüber der Prinzessin – dem Gefängniskristall einen Knacks zu versetzen, so dass Zelda doch noch entkommen kann. Ihr Retter ist jedoch fort und diese seltsamen Risse, die Bewohner und ganze Gebäude ins Nichts reißen, breiten sich außerdem auch noch überall in Hyrule aus.

Erste Adresse nach dem ganzen Stress ist natürlich das heimische Schloss. Doch alsbald wird ausgerechnet Papa König von einem Riss verschluckt und zu allem Überfluss auch noch durch einen bösartigen Doppelgänger ersetzt, der Zelda als Ursprung allen Übels brandmarkt. Die Konsequenz: Das Töchterchen soll hingerichtet werden.

Eine Fee namens Tri

Dieser kommt im Gefängnis jedoch eine putzige Fee namens Tri zur Hilfe und überreicht Zelda einen mächtigen Stab. Eben dieser stellt fortan Kern und Angelpunkt des gesamten Gameplays der nächsten rund 25 Stunden dar, und die altbekannte Zelda-Formel gehörig auf den Kopf.

Zumindest mit Blick auf die klassischen Serienvertreter, zu denen auch Echoes of Wisdom zählt. Ganz wie anno dazumal auf dem NES oder Super Nintendo durchwandern wir in isometrischer Vogelperspektive ein Hyrule, dessen Map uns in Teilen nicht nur verdächtig bekannt vorkommt, sondern das auch noch aussieht, als hätte jemand eine riesige Spielzeugkiste ausgeschüttet.

Wie zuvor schon im Remake von Link’s Awakening wirkt das Geschehen in The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom, als bewegte man sich durch ein Miniaturmodell. Ein bewusst unscharf dargestellter Streifen im unteren Bildschirmrand soll dabei wohl den sogenannten Tilt-Shift-Effekt verstärken, nötig wäre es unserer Meinung nach jedoch nicht gewesen. Schade, dass man diesen partiellen Filter nicht einfach deaktivieren kann.

Jedenfalls sehen Welt und Figuren erneut extrem knuffig aus, so dass Echoes of Wisdom ein infantiler Zauber innewohnt, der durch das frische Gameplay noch verstärkt wird. Ein wenig scheinen die Macher nämlich in Richtung der großen 3D-Open-World-Abenteuer geschielt zu haben, um sich dort ein wenig der spielerischen Kreativität zu leihen.

Mit dem Tri-Stab können wir schimmernde Objekte in einem stetig wachsenden Kodex speichern, um diese als sogenannten „Echos“ dann auf Knopfdruck jederzeit und überall kopieren zu können. Verdeutlichen lässt sich das Konzept recht gut anhand der anfänglichen Flucht aus dem elterlichen Gefängnis.

Zwar kann Zelda im Gegensatz zu ihrem 2D-Pendant Link nun endlich springen, es reicht aber leider nicht, um diesen auffällig nach Freiheit riechenden Riss oben in der Wand zu erreichen. Also speichern wir kurzerhand einen Hocker, dessen Kopie wir daraufhin auf der Zellenpritsche erscheinen lassen, die praktischerweise genau unter der Lücke in der Wand steht.

Mit dieser Tritthilfe können wir dem Knast schließlich entfliehen, müssen uns alsbald aber weitere Gegenstände zu eigen machen, um größere Lücken zu überwinden, die Sicht der Wachen zu versperren oder auch, um uns zur Wehr zu setzen. Denn Zelda kann zunächst zwar noch nicht direkt kämpfen, dafür aber Kopien von Steinen oder Krügen erzeugen, um diese auf das Feindespack zu schleudern. Noch besser ist es allerdings, die putzigen Monster selbst zu speichern, was nach dem ersten Besiegen stets möglich ist, um diese im Kampf an unsere Seite zu rufen.

Mit Kreativität zum Sieg

Mit diesen neuen Grundzutaten im Topf schmeckt die altbekannte Zelda-Suppe auf einmal ganz anders. Anstatt wie sonst einfach draufzuhauen, müssen wir nun überlegen, wie wir den Feindeshorden beikommen können. Einen fliegenden Peckra kann der Keulen-Eblin nicht treffen, weshalb wir besser seinen speerwerfenden Kollegen beschwören. Alternativ versperren wir mit riesigen Felsen einfach Laufwege, lassen Steine auf die Köpfe der Schurken herabkrachen oder pusten sie mit einem Ventilator in ein Loch.

Wie wir eine Situation lösen, gibt uns The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom dabei nur selten vor. Das macht die Rätsel weit offener und kreativer und erinnert nicht von ungefähr an das Bastelfeature aus Tears of the Kingdom. Und so bauen wir Brücken aus Betten, Leitern aus Kisten, beschwören Fahrstuhlplatten oder surfen auf Flugfliesen umher.

Insgesamt lassen sich über 120 Gegenstände und Feinde merken. Einige ganz besonders mächtige oder nützliche Echos sind jedoch gut versteckt, so dass man sich seinen Durchlauf durchaus erschwert, wenn man der Erforschung der Welt keine Beachtung schenkt und nur stumpf der Hauptquest folgt.

Doch nicht nur, dass wir quasi eine Mischung aus Lego und Pokémon spielen, Zelda erlernt früh auch schon die Fähigkeit des Einklangs. Dank dieser kann sie markierte Gegenstände verschieben, die anders nicht zu bewegen wären – riesige Felsen, die uns den Weg versperren werden umgesetzt plötzlich zu rätselrelevanten Plattformen, Luftkanonen können uns nicht mehr von schmalen Simsen pusten, wenn wir sie einfach woanders abstellen.

Umgekehrt können wir den Einklang aber auch nutzen, um uns den Bewegungen des markierten Gegenstandes anzupassen. Über uns fährt eine Plattform beispielsweise von links nach rechts, vor uns befindet sich ein vermeintlich unüberwindbarer Abgrund. Die Lösung: Wir connecten uns via umgekehrtem Einklang (heißt im Spiel wirklich so) mit der Plattform und schweben über das Loch.

Kombiniert man alle Möglichkeiten, ergeben sich vielfältige Lösungsansätze für jede noch so knifflige Lage im Spiel. Um beispielsweise eines der begehrten Herzteile auf einem Felsen zu erreichen, könnte man mühselig Betten-Brücken bauen. Oder aber man beschwört eine Spinne, die in der Lage ist, den Felsen emporzuklettern, und führt mit dieser einen umgekehrten Einklang durch. So werden wir quasi als Beifahrer mit nach oben transportiert und schon ist das Item unser.

Nun wären diese Features ohne Limitierung natürlich viel zu mächtig, und Hyrule alsbald wohl ein Meer aus Krügen und Kisten. Damit das aber nicht passiert, haben alle Gegenstände und Monster einen bestimmten Punktewert. Ein Blick auf Tri’s aus dreieckigen Segmenten bestehenden Schweif verrät, wie viele Punkte wir zur Verfügung haben. Sind es derer vier, können wir vier Objekte des Wertes Eins beschwören, oder auch nur zwei mit dem Wert Zwei, und so weiter und so fort.

Besonders mächtige Monster für den Kampf verschlingen gerne schon mal alle vier Punkte, so dass wir unsere Feinde nie mit einer übermächtigen Armee überrennen können. Allzu schwer sind die Kämpfe aber ohnehin nicht, wenn man erst mal gelernt hat, wie man vorgehen muss. Und sollten wir dennoch zu oft getroffen werden, beschwören wir einfach das Echo eines Bettes herbei, in dem wir uns ausruhen und Lebensenergie regenerieren können. Kleiner Tipp: Je edler das Bett, desto schneller sind wir wieder fit.

Im Notfall können wir außerdem Link zur Hilfe holen. Ihr habt schon richtig gelesen. Denn obwohl Echoes of Wisdom eigentlich Zeldas Show ist, kann diese schon recht früh im Spiel in den sogenannten Schwertkämpfer-Modus wechseln. Dabei verwandelt sie sich in ein Abbild ihres Helden-Kollegen und kann sich dessen Fähigkeiten zunutze machen. Und so kloppen wir dann doch noch wie früher mit der Klinge auf Bosse ein, später kommen noch Bogen und Bombe hinzu.

Allerdings ist auch diese Fähigkeit begrenzt. Eine Energieleiste am oberen rechten Bildschirmrand leert sich im Schwertkämpfer-Modus rasch. Ist sie aufgebraucht, ist auch schon wieder Schluss mit offensiver Kriegsführung. Auffüllen lässt sich die Leiste durch herumschwebende, blaue Elemente, die von Feinden fallengelassen werden. Dies allerdings nur dort, wo die Spieldesigner sich das wünschen, was den Einsatz des Schwertes stark einschränkt.

Zwar können wir die Waffen in einer Schmiede unter Einsatz einer seltenen Ressource verbessern und auch die Leiste verlängern, aufgrund der Restriktionen haben wir in unserem Durchlauf aber nicht besonders oft in den Modus gewechselt. Wenn, dann vor allem in den herrlich klassischen Dungeons, von denen sieben an der Zahl von uns bewältigt werden wollen.

Hier gilt es wieder, Karte und Schlüssel aufzuspüren, und sich von A nach B zu rätseln, um schließlich hinter einer dicken Tür einen Boss zu stellen, dem man mit roher Gewalt nicht beikommen kann. Besiegen lassen sich die Schergen nur mit einer guten Strategie, die meist den Einsatz all unser Fähigkeiten erfordert – und den einen oder anderen Smoothie.

Jene ersetzen die aus den großen Zelda-Spielen bekannten Mahlzeiten und lassen sich aus maximal zwei Zutaten mixen. Je nach Kombination füllen wir bequem im Pausenmenü Herzen auf, laden unsere Schwertkämpferleiste oder wappnen uns gegen Hitze oder Frost. Die Drinks können das Zünglein an der Waage sein, wir dürfen jedoch nur eine bestimmte Anzahl mit uns führen. Auch findet Zelda eine Reihe von Ausrüstungsgegenständen, die ihr spezielle passive Fähigkeiten verleihen, allerdings sind auch hier die Slots zum Anlegen stark begrenzt.

Risse ins Nichts

Neben der klassischen Oberwelt, die diesmal mit neuen Randgebieten und Biomen deutlich größer ausfällt als noch in Link’s Awakening, stürzen wir uns auch immer wieder in die mysteriösen Risse, um diese von innen heraus zu schließen. Dann haben wir es mit in sich geschlossenen Leveln zu tun, deren Aufbau mehr spielerisches Geschick erfordert, als wir es von der Oberwelt gewohnt sind.

Entgegen den Regeln der Physik – die in The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom ohnehin eher Richtlinie als Gesetz darstellt – schweben hier nämlich Fragmente der Wirklichkeit umher, ganze Gebäudebrocken hängen auf die Seite gekippt in der Luft und natürlich mangelt es auch hier nicht an Feinden – stets eine spannende Abwechslung also zum bekannten Hyrule.

Doch auch das ist mit diversen Minispielen, lohnenswerten Sammelaufgaben und kleineren, wenn auch etwas uninspirierten Nebenquests stets bemüht, uns zu unterhalten, so dass wir uns zu keinem Zeitpunkt gelangweilt haben.

Mitunter haben wir uns zwar über die wackelige Bildrate geärgert, versöhnt hat uns dann aber wieder die tolle Musik. Wenn wir dabei gerade mal nicht neu interpretierte bekannte Themen mitgeträllert haben, erfreuten wir uns vor allem an den frischen und teils recht fetzigen Sounds in den Dungeons.

Fazit:

Dieses Zelda ist ganz anders, und dann doch wieder äußerst vertraut. Nintendo krempelt das klassische Konzept mit Prinzessin Zelda als Hauptfigur gehörig um, und fordert den Spieler mit dem Kopier-System zur kreativen Problemlösung auf. Mit über 120 Objekten kommt dabei zwar ordentlich Bastelstimmung auf, kluge Restriktionen sorgen jedoch stets dafür, dass man klug planen muss.

The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom spielt sich somit deutlich taktischer als Link’s vorherige Einsätze, dadurch aber nicht weniger unterhaltsam. Ganz im Gegenteil: Es macht derart viel Spaß, sich an immer frischen Ansätzen zu versuchen und neue Objekte zu sammeln, dass die angenehm überschaubare Spielzeit wie im Flug vergeht. Zwar darf die Prinzessin durchaus auch direkt mit Schwert und Bogen ran, kurioserweise – und das sagen wir als große Zelda-Fans – macht diese Vorschlaghammer-Methode aber am wenigsten Laune.

Ohnehin ist es erstaunlich, wie gut dem altbekannten Hyrule das neue Spielkonzept zu Gesicht steht. Wir waren anfangs äußerst skeptisch und hatten Sorge, es mit einem Casual-Zelda zu tun zu bekommen. Stattdessen hatten wir rund 25 Stunden lang eine großartige (Spiel)Zeit und uns dabei zu keinem Zeitpunkt gelangweilt. Das Konzept, dem Einfallsreichtum des Spielers freie Hand zu lassen, ist aus unserer Sicht voll aufgegangen.

„The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom“ ist exklusiv für Nintendo Switch erhältlich.